Warum das Sammeln von Daten für Metriken in der agilen Softwareentwicklung unerlässlich ist

Für ein agiles Softwareentwicklungsteam ist es, wie in anderen Beiträgen beschrieben, wichtig, effektiv und effizient zu sein. Aber woher weiß man, ob man auf dem richtigen Weg ist? Die Antwort liegt in Metriken: quantifizierbare Indikatoren, die uns helfen, unseren Fortschritt zu verfolgen und die Auswirkungen unserer Maßnahmen zu messen.

Bei dem Ausfindigmachen von Metriken ist es wichtig, zwischen Früh- und Spätindikatoren (engl. leading und lagging indicator) zu unterscheiden. Vorlaufende Indikatoren sind prädiktiv, das heißt, sie geben Aufschluss über die künftige Leistung bzw. Zustand. Nachlaufende Indikatoren hingegen sind retrospektiv, das heißt, sie messen die Leistung der Vergangenheit.

Spätindikatoren messen also wie man den Zustand gerne hätte und Frühindikatoren messen wie eine gewisse Maßnahme verfolgt wird mit der man den zukünftigen Zustand erreichen möchte.

Beispiel: Nehmen wir an, ein Freund von einem Freund versucht Gewicht zu verlieren. Ein vorlaufender Indikator könnte in diesem Fall die Anzahl der Kalorien sein, die er täglich zu sich nimmt. Indem die Kalorienzufuhr verfolgt wird, kann man vorhersagen, ob in der Zukunft eher ab- oder zugenommen wird. Wenn man durchgehend weniger Kalorien zu sich nimmt, als man verbrennt, wird man mit der Zeit wahrscheinlich abnehmen.

Ein nachlaufender Indikator in diesem Szenario könnte das Körpergewicht sein. Das Gewicht ist ein rückblickendes Maß, das sagt, ob in der Vergangenheit Gewicht verloren oder zugenommen wurde. Indem das Gewicht im Laufe der Zeit verfolgt wird, kann Sie die Effektivität der Kalorienverfolgung bewertet werden und der Ansatz bei Bedarf angepasst werden.

Im Idealfall sollte man für jedes der fünf Lean-Prinzipien sowohl vorlaufende als auch nachlaufende Indikatoren haben. Diese könnten etwas angepasst wie folgt aussehen:

  • Wert: Die Bereitstellung von Mehrwert für den Kunden sollte die oberste Priorität sein. Um dies zu messen, verfolgen man z.B. die Benutzung gewisser Features oder den Net Promoter Score (führender Indikator) und das Umsatzwachstum (nachlaufender Indikator). Wenn der NPS steigt und der Umsatz wächst, liefern man einen Mehrwert. Der NPS ist natürlich auch eher ein nachlaufender Indikator, könnte aber z.B. bei einem Webshop sofortiges Feedback sein.
  • Respekt: Es sollte eine Kultur von Respekt und Vertrauen herrschen. Um dies zu messen, könnte man den Employee Engagement Score messen (führender Indikator) und die Mitarbeiterbindung (nachlaufender Indikator) verfolgen. Wenn das Engagement hoch und die Fluktuation niedrig, spricht dies oft für eine Kultur des Respekts.
  • Fluss: Ein reibungsloser Arbeitsfluss ist entscheidend für die Effizienz. Um dies zu messen, verfolgt man am besten bei Kanban, aber auch bei Scrum, die Durchlaufzeit auch Cycle Time genannt (führender Indikator) und den Durchsatz (nachlaufender Indikator). Wenn Cycle Time sinkt und der Durchsatz steigt, verbessert sich der Fluss.
  • Pull: Die Arbeit sollte nach Bedarf durch das System gezogen und nicht geschoben werden. Um dies zu messen, verfolgt man z.B. den „Work in Progress“ (führender Indikator) und die Anzahl der unbearbeiteten Backlog-Einträge (nachlaufender Indikator). Wenn die Anzahl der gleichzeitig getaner Arbeit sinkt und das Backlog niedrig wird, wurde das Pull-Prinzip erfolgreich umgesetzt.
  • Perfektion: Streben nach Perfektion durch kontinuierliche Verbesserung. Um dies zu messen, verfolgen man u.a. die Fehlerquote (führender Indikator) und die Prozesstreue (nachlaufender Indikator). Wenn die Fehlerquote sinkt und das Team den Prozess konsequent einhält, befindet man sich auf dem Weg zur Perfektion.

Durch die Verfolgung dieser Schlüsselindikatoren kann sicherstellt werden, dass jedes der fünf Lean-Grundsätze eingehalten wird. Frühindikatoren können dabei helfen, proaktive Entscheidungen zu treffen und den Kurs zu korrigieren, bevor es zu spät ist. Nachlaufende Indikatoren helfen, die Wirksamkeit früherer Entscheidungen zu bewerten und Bereiche mit Verbesserungspotenzial zu ermitteln. Zusammen bieten sie einen umfassenden Überblick über die Leistung von Teams.

Dies sind natürlich nur einige Beispiele – vielleicht hast Du andere Indikatoren, die für Dein spezielles Team oder Projekt relevanter sind. Das Wichtigste ist, dass Daten gesammelt werden und diese als Entscheidungsgrundlage genutzt werden. Mit den richtigen Metriken kann man auf dem richtigen Weg bleiben und somit erst Prozesse kontinuierlich verbessern.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das Sammeln von Daten für Metriken entscheidend für den Erfolg in einer agilen Softwareentwicklungsumgebung ist. Wenn man für jedes der fünf Lean-Prinzipien mindestens einen führenden und einen nachlaufenden Indikator findet, kann man den Fortschritte messen und sicherstellen, dass Ziele erreicht werden. Beginne also noch heute mit der Verfolgung von Metriken und beobachte, wie Dein Team aufsteigt!

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