Wer hat hier das Sagen? Erfolgreich Führen in jeder Situation: Ein Leitfaden für Führungskräfte

„Die Aufgabe der Führung besteht nicht darin, den Wind zu ändern, sondern die Segel so zu setzen, dass man den Wind optimal nutzen kann.“

Jim Rohn

Ahoi! Willkommen zurück! Ich haben bereits das Cynefin-Framework vorgestellt, diese etwas andere Art, die Welt zu betrachten und deine Führungsfähigkeiten zu optimieren. Nun tauchen wir tiefer ein und schauen uns an, wie man in jedem der vier Hauptbereiche führt, plant und Entscheidungen trifft. Mach dich bereit, das nächste Level zu erreichen!

Einfach: Du bist der Boss!

Im einfachen Kontext ist alles so klar wie eine Sommernacht in der Wüste. Hier gilt die Regel: JFDI (Just freaking do it). Dein Projektmanagement-Werkzeug der Wahl? Die gute alte To-Do-Liste. Führungsmethode? Command & Control. Delegation ist easy, und Informationen sind frei zugänglich. Das Schöne an der einfachen Welt ist, dass die Lösungen offensichtlich sind und Entscheidungen keine Hirngymnastik erfordern. Also, mach einfach, Captain!

Du stehst am Ruder eines stattlichen Segelschiffs und blickst auf die endlose Weite des Ozeans. Die See ist ruhig, der Wind weht gleichmäßig in die Segel. Dein Kurs ist klar vorgegeben, der nächste Hafen in Sichtweite.

In diesem einfachen Setting kannst du dich entspannt zurücklehnen und die kleinen Justierung am Ruder deiner Crew überlassen. Es herrscht Routine, alles läuft nach Plan. Deine Aufgabe als Kapitän ist klar und deine Anweisungen werden ohne Frage befolgt. Die Informationen sind für alle transparent, die nächsten Schritte offensichtlich.

Hier braucht es kein komplexes Navigieren oder ständige Kurskorrekturen. Die bekannten, eingeübten Prozesse funktionieren. Dein Fokus liegt auf dem reibungslosen Betrieb des Schiffs. Die Kontrolle hast du fest in der Hand. Das gemeinsame Ziel der Mannschaft ist klar, der Weg dorthin vorgezeichnet.

Kompliziert: Hier kommt das Gehirnfutter!

In der komplizierten Welt ist alles ein Rätsel, das darauf wartet, gelöst zu werden. Planung erfordert mehr Sorgfalt: Teilprojekte, Meilensteinpläne, Checklisten und Statusmeetings sind dein täglich Brot. Wasserfall- und V-Modell sind deine besten Freunde in der Projektmanagement-Welt, und du hältst das Schiff mit Lasten- und Pflichtenheften, Statusmeetings und Reportings auf Kurs. Informationen? Nicht jeder versteht oder hat Zugang dazu, daher ist die Expertise von Fachleuten unerlässlich. Und Entscheidungen? Nun, das kann eine Weile dauern, denn du musst zwischen der richtigen Antwort und dem einfachen Weg abwägen.

Die See hat sich aufgebäumt, dunkle Wolken ziehen auf. Der Wind kommt in heftigen Böen von allen Seiten, die Wellen schlagen hoch. Dein Schiff stampft und krängt, die Segel flattern wild. Die Sicht ist schlecht, Klippen und Untiefen lauern.

Als Kapitän stehst du vor einer komplizierten Herausforderung. Das einfache Dahingleiten ist nicht mehr möglich, es braucht jetzt deine ganze Expertise und Erfahrung. Du musst den Kurs des Schiffs genau berechnen, die Segel zur richtigen Zeit einholen oder setzen lassen, um keinen Schaden zu nehmen.

Die Situation erfordert sorgfältige Analyse und Planung. Die richtigen Entscheidungen zu treffen ist schwierig, jede Option hat Vor- und Nachteile. Du berätst dich intensiv mit deiner Crew, stimmst dich mit den Spezialisten ab. Ihre Expertise ist jetzt gefragt.

Komplex: Herzlich Willkommen im Ungewissen!

In der komplexen Welt gibt es keine verlässliche Analyse oder Planung, weil das Ganze größer ist als die Summe seiner Teile. Hier sind agile, iterative Vorgehensweisen angesagt.Informationen sind wie ein Meer voller Unbekannter. Lösungen? Hier brauchst es kreative und innovative Ansätze, Experimente und den Mut, verschiedene Wege zu gehen und die Ergebnisse zu beobachten. Und Entscheidungen? Lerne durch Fehler und betrachte jedes Experiment als Schritt in die richtige Richtung.

Deine Führungsrolle besteht darin, eine Umgebung zu schaffen, die Lernen ermöglicht (Facilitative Leadership Approach).

Der facilitative Leadership Approach, auch als fördernder Führungsstil bekannt, ist ein Führungsansatz, der auf der Schaffung und Unterstützung einer kollaborativen und selbstorganisierten Arbeitsumgebung abzielt. Anstatt Entscheidungen zu treffen und Anweisungen zu geben, unterstützt der facilitative Leader das Team dabei, selbst Lösungen zu finden und Entscheidungen zu treffen.

Facilitative Leader handeln als Katalysatoren, Moderatoren oder „Hilfe zur Selbsthilfe“, indem sie offene Kommunikation, Zusammenarbeit und den freien Austausch von Ideen fördern. Sie stellen Fragen, hören zu und geben Feedback, anstatt Anweisungen zu geben. Sie helfen dem Team, Probleme zu erkennen und Lösungen zu erarbeiten, indem sie einen sicheren und unterstützenden Raum für Diskussionen und Experimente schaffen.

Dieser Führungsstil ist besonders effektiv um innovative und kreative Lösungen zu bekommen wenn das Team über die notwendige Expertise und Fähigkeiten verfügt, um diese Lösungen zu entwickeln.

Chaos: Alle Mann an Deck!

Im Chaos ist Planung unmöglich, und die beste Projektmanagement-Methode ist Kanban. Führung erfordert einen instinktiven Ansatz, und du musst der Leuchtturm sein, der alle aus dem Chaos führt. Informationen? Nutzlos und veraltet. Lösungsfindung? Diskussionen führen ins Nichts. Und Entscheidungen? Triage und kleinste Iterationen sind angesagt. Keine Zeit für Analyse, einfach machen!

Mitten in der Nacht wirst Du von Rauchgeruch und lautem Krachen geweckt. Feuer! Die Flammen fressen sich blitzschnell durch das Schiff, ein Inferno entsteht. Panik bricht aus, die Crew schreit und rennt durcheinander.

Sofort übernimmt Chaos die Kontrolle. Es herrscht totale Verwirrung und Angst. Als Kapitän kommst Du gerade noch rechtzeitig an Deck, um die Ausmaße des Desasters zu erfassen. Die bisherigen Notfallpläne sind Makulatur, es bleibt keine Zeit zum Organisieren und Evakuieren.

Du musst jetzt einfach handeln. Ständig entstehen neue Brandherde und Du musst Dein Handeln ständig anpassen. Aber bald ist es geschafft und alles gelöscht. Der Kontext ändern sich wieder, das Chaos verschwindet langsam.

Der gefallene Riese: Wie Nokia den Smartphone-Trend verschlief

Ein negatives Beispiel für den Umgang mit Komplexität ist der ehemalige Mobilfunkriese Nokia. Die Firma war über viele Jahre Marktführer bei Mobiltelefonen, hat den Wandel zur Smartphone-Ära aber verpasst und ist in kurzer Zeit dramatisch eingebrochen. Mehrere Gründe sind hierfür verantwortlich:

• Nokia hatte eine sehr hierarchische, bürokratische Organisationsstruktur mit starren Silos und Entscheidungswegen. Innovationen und Kurskorrekturen waren schwierig.

• Die Unternehmenskultur war von Arroganz der Macht und Realitätsverweigerung geprägt. Erfolgsgewohnheiten verhinderten echtes kritisches Hinterfragen.

• Entscheidungen wurden fast ausschließlich top-down getroffen. Die Einschätzungen der unteren Ränge zum Markt und Technologietrends wurden ignoriert.

• Es herrschte eine Null-Fehler-Kultur, die kein Experimentieren zuließ. Man hielt stur am bisherigen Erfolgsrezept fest.

• Informationsteilung war mangelhaft. Wissen war Macht und wurde gehortet. Die dringend nötige Markttransparenz fehlte.

• Das Management konzentrierte sich fast nur auf kurzfristige Quartalsergebnisse statt auf langfristige Strategieentwicklung. Es fehlte der Blick fürs Große Ganze.

• Kundenbedürfnisse und Nutzererfahrungen spielten eine untergeordnete Rolle. Technologie und Produkt wurden zum Selbstzweck.

Dieser Fall illustriert, wie eine unangemessene Organisationsstruktur und Unternehmenskultur in Kombination mit schwacher strategischer Führung und kurzfristiger Perspektive dazu führen kann, dass ein Unternehmen an Komplexität scheitert. Diese beispielhafte „Bad Practice“ zeigt, wie wichtig flexibles, adaptives Management in dynamischen Märkten ist.

Disruption meistern? Wie Spotify mit schlanken Strukturen Mehrwert schafft

Ein positives Beispiel für einen gelungenen Umgang mit Komplexität in Unternehmen ist der Softwarehersteller Spotify. Das vor einigen Jahren von zwei Schweden gegründete Startup ist enorm gewachsen, hat aber seine agile und innovative Kultur beibehalten. Einige Merkmale:

• Spotify hat eine sehr flache Hierarchie mit viel Eigenverantwortung für die Mitarbeiter. Die Teams sind hochgradig interdisziplinär und eigenständig.

• Es herrscht eine Fehlerkultur, die Experimentieren und kreatives Scheitern fördert. Aus Fehlern wird aktiv gelernt.

• Die Organisation ist sehr flexibel und schnell anpassbar. Die Teams organisieren sich selbst nach Bedarf um.

• Informationen werden aktiv geteilt, auch über Team- und Abteilungsgrenzen hinweg. Transparenz ist ein hohes Gut.

• Lösungen entstehen oft bottom-up durch kollaboratives Entwickeln in den Teams. Vorgaben von oben sind die Ausnahme.

• Entscheidungen werden nach gemeinsam getroffen. Auch die Strategie entwickelt sich iterativ.

• Führungskräfte haben eine rein unterstützende Rolle. Sie schaffen die Rahmenbedingungen, damit die Teams erfolgreich sein können.

• Kontinuierliches Feedback, vor allem zwischen Teams, ist fester Bestandteil der Unternehmenskultur. So kann schnell auf Veränderungen reagiert werden.

Dieser „Spotify-Ansatz“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie man Komplexität durch eine flexible, agile Organisationsstruktur, eine innovative Unternehmenskultur und einen adaptiven Führungsstil nicht nur bewältigen, sondern produktiv nutzen kann. Viele Konzerne versuchen bereits, von diesem Modell zu lernen und es zumindest in Teilen zu adaptieren.

Im nächsten Beitrag gehe ich auf die Übergänge zwischen den Kontexten ein und wie man erkennt, in welchem Kontext man sich befindet. Bis dahin – bleib flexibel!

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